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S wie Social - Warum wir das Soziale in ESG nicht vernachlässigen sollten

24 September 2024

In den letzten Jahren ist der Fokus auf ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) deutlich gewachsen. Während Umwelt- und Governance-Aspekte viel Aufmerksamkeit erregen, wird die soziale Dimension häufig übersehen. Es ist offensichtlich, dass der Mensch nicht in einer Welt überleben kann, in der der Klimawandel die Lebensbedingungen unmöglich macht. Eine gesunde Umwelt ist zweifellos die Grundlage unseres Daseins. Doch es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass eine intakte Umwelt allein ausreicht, um ein gerechtes und erfülltes Leben zu garantieren. Selbst wenn wir den Planeten schützen, heißt das nicht automatisch, dass Gerechtigkeit und soziale Gleichheit herrschen. Eine gute Umwelt ist nur ein Teil des Puzzles – ohne soziale Gerechtigkeit bleibt das Bild unvollständig. Und hier liegt ein enormes Potenzial für nachhaltige und gerechte wirtschaftliche Entwicklung. In diesem Beitrag möchten wir erläutern, warum die soziale Dimension im ESG nicht außer Acht gelassen werden darf.

Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, sich intensiver mit sozialer Nachhaltigkeit zu beschäftigen und entsprechende Initiativen zu starten. Dies wird nicht nur durch öffentliche Debatten, sondern auch durch regulatorische Vorgaben vorangetrieben. Soziale Nachhaltigkeit umfasst eine breite Palette an Themen, darunter die Arbeitsbedingungen, Menschenrechte, Diversität und Inklusion, Gemeinwesenentwicklung und Kundenschutz. Diese Faktoren sind entscheidend, um das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Investoren zu gewinnen und langfristige Geschäftserfolge zu sichern

Bedeutung des sozialen Aspekts im ESG – Kontext

Gute Arbeitsbedingungen und die Achtung der Menschenrechte sind grundlegende Elemente einer verantwortungsvollen Unternehmensführung. Unternehmen, die faire Löhne zahlen, sichere Arbeitsbedingungen gewährleisten und die Rechte ihrer Arbeitnehmer respektieren, sind nicht nur ethisch vorbildlich, sondern auch wirtschaftlich erfolgreicher, da sie eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung erreichen.

Diversität und Inklusion sind nicht nur ethische Imperative, sondern auch wirtschaftliche Notwendigkeiten. Studien zeigen, dass vielfältige Teams innovativer und produktiver sind. Die Finanzbranche beispielsweise hat hier noch erhebliches Verbesserungspotenzial, insbesondere in Führungspositionen, wo Frauen und Minderheiten oft unterrepräsentiert sind.

Finanzunternehmen können durch ihr Engagement erheblich dazu beitragen, das Gemeinschaftsgefühl in den Regionen, in denen sie tätig sind, zu stärken. Durch Investitionen in Bildung, Gesundheitsversorgung und lokale Projekte fördern sie das Wohl der Bevölkerung und tragen zur Entwicklung stabiler, vernetzter Strukturen bei. Dies verringert soziale Spannungen und stärkt den Zusammenhalt, da alle Beteiligten von den positiven Veränderungen profitieren. Statt durch isolierende Maßnahmen Spaltungen zu vertiefen, positionieren sich Finanzunternehmen als vertrauenswürdige Partner, was ihnen nicht nur ein stärkeres Ansehen, sondern auch langfristige Vorteile in der Marktpositionierung verschafft. Genossenschaftsbanken beispielsweise setzen genau dieses Prinzip bereits seit langem erfolgreich um

Welche Erwartungen werden von der Aufsicht gestellt?

Auf der anderen Seite lassen sich im Regulierungsdschungel zahlreiche Verordnungen zum Thema ESG finden. Sicherlich wird Ihnen die EU-Umwelt-Taxonomie bekannt vorkommen. Im Bereich Soziales soll perspektivisch die EU-Sozial-Taxonomie umgesetzt werden. Am 28. Februar 2022 hat die EU-Plattform für nachhaltige Finanzen den Abschlussbericht zur „Sozialtaxonomie“ nach einer Konsultation veröffentlicht. Diesbezüglich stehen zwar konkrete regulatorische Anforderungen noch aus, die Aufsicht jedoch legt in dem Thema keine Pause ein und hat klare Regeln aufgestellt.

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) verpflichtet ausdrücklich Finanzinstitute als Kapitalgeber und zielt darauf ab, Unternehmen zu strengeren Sorgfaltspflichten zu bewegen. Diese sollen zu verantwortungsvollem Wirtschaften verpflichtet werden und negative Auswirkungen auf die Gesellschaft innerhalb ihrer Wertschöpfungskette minimieren.

Externe Effekte und Marktversagen lassen sich gut auf die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und deren Auswirkungen auf Finanzinstitute beziehen:

Externe Effekte entstehen, wenn die Handlungen eines Unternehmens positive oder negative Auswirkungen auf Dritte haben, die nicht direkt in den Marktprozess involviert sind. Diese Effekte werden im Markt nicht über Preise berücksichtigt. Im Zusammenhang mit der CSDDD bedeutet es, dass Unternehmen durch ihre Wertschöpfungsketten negative externe Effekte wie Umweltverschmutzung, Menschenrechtsverletzungen oder schlechte Arbeitsbedingungen verursachen könnten.

Diese Auswirkungen treffen nicht nur direkt beteiligte Parteien, sondern auch die Gesellschaft im Allgemeinen. Da solche Kosten (z. B. ökologische Schäden) nicht in den Marktpreisen abgebildet werden, haben Unternehmen ohne Regulierung oft keinen Anreiz, diese zu minimieren. Zudem könnten Positive externe Effekte wie der Schutz von Menschenrechten und nachhaltiges Wirtschaften durch die Sorgfaltspflichten verstärkt werden, was der Allgemeinheit zugutekommt. Diese Effekte wären ohne Eingreifen oft unterbewertet oder vernachlässigt.

Auf der anderen Seite tritt Marktversagen auf, wenn der Marktmechanismus allein nicht in der Lage ist, eine effiziente Verteilung von Ressourcen zu gewährleisten. In diesem Fall spricht die CSDDD das Marktversagen an, das sich durch unregulierte negative externe Effekte zeigt, da Unternehmen ohne regulative Eingriffe wie die CSDDD häufig negative externe Effekte erzeugen, wird der Markt ineffizient. Unternehmen haben keinen Anreiz, für die durch ihre Tätigkeiten verursachten sozialen oder ökologischen Schäden aufzukommen, wodurch die Allgemeinheit die Kosten trägt.

Die CSDDD kann dieses Marktversagen zu korrigieren, indem sie Unternehmen verpflichtet, sich stärker um die negativen Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Gesellschaft und Umwelt zu kümmern. Finanzinstitute als Kapitalgeber sollen hierbei eine zentrale Rolle spielen, indem sie sicherstellen, dass ihre Investitionen in Unternehmen mit strengen Sorgfaltspflichten erfolgen.

Ab 2024 erweitert die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) die nicht-finanziellen Berichtspflichten innerhalb der EU erheblich. Die Anzahl der betroffenen Unternehmen steigt von derzeit 11.600 auf rund 49.000. Im Rahmen der sozialen Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen detaillierte Angaben zur Vielfalt, Achtung der Menschenrechte und Arbeitsbedingungen offengelegt werden.

Seit Anfang 2023 ist in Deutschland das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft, dass zunächst große Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeiter zur Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie entlang ihrer Lieferketten verpflichtet. Bei Finanzdienstleistern gelten diese Sorgfaltspflichten derzeit nicht für Kredit- und Bankgeschäfte, ein Umstand, der im europäischen Pendant (CSDDD) anders geregelt werden soll.

Nicht nur wegen des regulatorischen Drucks ist festzustellen, dass die soziale Dimension im ESG von entscheidender Bedeutung für den langfristigen Erfolg und die Nachhaltigkeit eines Unternehmens ist. Mitarbeiterzufriedenheit, Ruf und Markenwert, Risikomanagement und gesellschaftliche Verantwortung sind nur einige der Gründe, warum wir die sozialen Aspekte nicht vernachlässigen dürfen. Soziale Verantwortung ist ein zentraler Bestandteil des ESG-Konzepts und sollte nicht nur aus Gründen der Einhaltung von Vorschriften berücksichtigt werden. Unternehmen tragen nicht nur wirtschaftliche Verantwortung, sondern auch eine soziale Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft. Indem sie die soziale Dimension fest in ihre Geschäftsstrategien integrieren, profitieren sie nicht nur ökonomisch, sondern leisten auch einen wertvollen Beitrag zu einer gerechteren und besseren Welt. Wir sollten am Ende jedoch nicht vergessen, dass die ESG-Kriterien ausschließlich in ihrer vollen Dreisamkeit das beste Potential entwickeln.

 

Mia absolviert ihren Master in Regulatorisches Risikomanagement und bringt ihr Wissen bei den Guides ein, wo sie ihre Leidenschaft für das Thema einsetzt. Besonders wichtig ist ihr dabei die ganzheitliche Betrachtung von ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung), da sie überzeugt ist, dass nur so nachhaltige Veränderungen möglich sind. Privat setzt sich Mia gerne mit Philosophie sowie Politik auseinander und genießt außerdem gerne die Gesellschaft ihrer Freunde, was ihr einen wertvollen Ausgleich zum Studium bietet.