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Share of Wallet - Bedeutung der Kennzahl für die Vertriebssteuerung

24 September 2024

Ertragsmarktanteil – „Share of Wallet“

In der heutigen Bankenwelt spielt der Wettbewerb um Kunden eine entscheidende Rolle und das Angebot wird immer vielseitiger. Banken möchten nicht nur neue Kunden gewinnen, sondern auch Hier kommt der Begriff „Share of Wallet“ ins Spiel. Dieser Beitrag erklärt, was „Share of Wallet“ bedeutet, wie er berechnet wird und wie Banken diese Kennzahl nutzen können, um ihre Marketingstrategien und Vertriebsaktivitäten zu optimieren.

Der „Share of Wallet“ quantifiziert den Anteil der Erträge einer Bank im Verhältnis zu den gesamten potenziellen Erträgen, die durch ihre Kunden im Geschäftsumfeld erzielt werden können. Diese Kennzahl setzt sich aus der Kundenreichweite und der Kundendurchdringung zusammen.

Gleichungskomponenten

Die Kundenreichweite misst, wie viele Haushalte in einem bestimmten Marktgebiet bereits Kunden der Bank sind. Sie wird als Verhältnis der Anzahl der Bestandskunden zur Gesamtzahl der Haushalte im Marktgebiet berechnet.

Ein hoher Wert der Kundenreichweite deutet darauf hin, dass die Bank bereits eine bedeutende Anzahl von Haushalten in dem Gebiet als Kunden gewonnen hat, was ein Indikator für die Marktdurchdringung ist und das verbleibende Potenzial zur Akquise weiterer Neukunden aufzeigt.

Die Kundendurchdringung wird berechnet, indem der Deckungsbeitrag 1b (DB 1b) pro Haushaltseinheit der Bestandskunden ins Verhältnis zum durchschnittlichen Ertragspotenzial eines Haushalts gesetzt wird. Der DB 1b repräsentiert den Ertrag, den die Bank pro Haushaltseinheit, basierend auf bankinternen Finanzdaten erzielt.

Diese Kennzahl zeigt, wie viel Ertrag die Bank im Vergleich zum maximal möglichen Ertrag von jedem ihrer Bestandskunden erzielt. Eine hohe Kundendurchdringung bedeutet, dass die Bank einen großen Anteil des möglichen Ertrags von ihren bestehenden Kunden generiert.

Der Ertragsmarktanteil oder “Share of Wallet” ergibt sich aus dem Produkt der Kundenreichweite und der Kundendurchdringung. Betriebswirtschaftlich gesehen gibt dieser Anteil an, wie hoch die realisierten DB 1b Erträge im Verhältnis zum potenziellen Gesamtertrag im Marktgebiet sind.

Ein hoher Ertragsmarktanteil signalisiert, dass die Bank einen signifikanten Anteil am potenziellen Ertrag in ihrem Marktgebiet bereits realisiert hat.

 

Einsatzbereiche und Nutzen der Kennzahl

Die Kennzahl „Share of Wallet“ kann auf verschiedenen Ebenen analysiert werden, um detaillierte Einblicke und spezifische Vertriebsimpulse zu gewinnen.

Innerhalb der Bank können verschiedene Geschäftsfelder untersucht werden, um zu verstehen, in welchen Bereichen die Bank besonders stark ist und wo ungenutzte Potenziale liegen. Zum Beispiel kann die Bank ihren Anteil im Privatkundengeschäft, Firmenkundengeschäft oder Investmentbanking untersuchen oder auch spezifische Geschäftsgebiete näher beleuchten.

Die Analyse kann nach Kundensegmenten differenziert werden, um maßgeschneiderte Marketingstrategien für verschiedene Kundengruppen zu entwickeln. So können die Ertragsmarktanteile für wohlhabende Privatkunden, kleine und mittlere Unternehmen oder Großunternehmen separat betrachtet werden. Dabei stellt die Anpassung der relevanten Formelbestandteile eine Herausforderung dar, da es nicht immer leicht ist, korrekte Marktdaten zu erheben.

Zusätzlich können Bedarfsfelder und geografische Regionen untersucht werden. Dies hilft der Bank zu verstehen, welche Produkte und Dienstleistungen in welchen Regionen besonders gut angenommen werden und wo noch ungenutzte Potenziale liegen.

Auf Einzelbankebene kann der „Share of Wallet“ dazu verwendet werden, die Leistung einzelner Filialen oder Organisationseinheiten zu bewerten und zu vergleichen. Dies ermöglicht eine gezielte Steuerung und Unterstützung der einzelnen Einheiten.

 

Vorteile durch die Kennzahlverwendung

Die Anwendung des „Share of Wallet“ bietet der Bank mehrere entscheidende Vorteile:

  1. Transparenz: Die Bank erhält klare Einblicke in ihre Ertragsmarktanteile, was fundierte Entscheidungen ermöglicht.
  2. Identifizierung von Vertriebspotenzialen: Durch die Analyse dieser Kennzahl können Marktsegmente identifiziert werden, in denen es Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung gibt, was eine gezielte Ansprache von Kunden und die Entwicklung spezifischer Angebote ermöglicht.
  3. Effizienzsteigerung: Die Kennzahl hilft dabei, Marketingstrategien zu optimieren und Ressourcen effizienter zu nutzen. Durch die Konzentration auf besonders lukrative Kundensegmente oder Geschäftsbereiche kann die Bank ihre Ertragskraft erhöhen.
  4. Wettbewerbsvorteil: Ein hoher „Share of Wallet“ bedeutet, dass die Bank einen großen Teil des potenziellen Ertrags ihrer Kunden abschöpft, was ihr einen Wettbewerbsvorteil verschafft.

 

Kritik

Die Kennzahl „Share of Wallet“ bietet zwar wertvolle Einblicke, birgt aber auch gewisse Einschränkungen und Herausforderungen. Eine zentrale Kritik liegt in der Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Damit das Benchmarking aussagekräftig ist, müssen alle Banken dieselben Parameter zur Berechnungsgrundlage machen. Unterschiedliche Definitionen, wie zum Beispiel die Abgrenzung des Markt- oder Geschäftsgebiets oder die Bestimmung des Ertragspotenzials eines Kunden, können die Aussagekraft der Kennzahl erheblich beeinflussen.

Zudem gibt der „Share of Wallet“ lediglich an, welcher Anteil der Finanzaktivitäten eines Kunden im Geschäftsgebiet bei einer Bank stattfindet, liefert aber keine Erklärung dafür, warum dieser Anteil so ist und weshalb er sich von anderen Banken unterscheidet. Um die Ursachen zu verstehen, sind tiefergehende Analysen notwendig. Diese Kennzahl kann zwar Vertriebspotenziale identifizieren oder Schwächen aufdecken, jedoch nicht die Gründe dafür benennen. Ohne eine weiterführende Interpretation bleiben die Ergebnisse oberflächlich und in ihrer Aussagekraft eingeschränkt.

Daher ist die Kennzahl nicht ausreichend um sie als vollwertige Steuerungsgröße im Bankmanagement zu verwenden. Um sie tatsächlich als Entscheidungsgrundlage einzusetzen, sind ergänzende Analysen und Maßnahmen erforderlich.

 

Fazit

Der „Share of Wallet“ ist eine wertvolle Kennzahl im Bankwesen, die weit über die einfache Messung des Marktanteils hinausgeht. Sie bietet tiefgehende Einblicke in die Ertragsstruktur und Potenziale der Bank und ermöglicht eine gezielte Steuerung der Vertriebs- und Marketingaktivitäten vorausgesetzt, die Kennzahl wurde ausreichend analysiert und interpretiert. Durch die Anwendung dieser Kennzahl kann eine Bank ihre Effizienz und Transparenz nachhaltig verbessern und sich Wettbewerbsvorteile sichern.

Jonas Waldeck ist gerne in fernen Ländern unterwegs und lässt sich dabei am liebsten spontan treiben. Für komplexe Themen bevorzugt er allerdings immer einen analytischen und datengestützten Ansatz, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Deshalb hat Jonas auch ein großes Interesse an Themen wie dem „Share of Wallet“ als wertvolle Kennzahl zur Vertriebs- und Banksteuerung.