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Die Marktflucht durch die genossenschaftliche Kultur der Bank in den Griff bekommen

15. Oktober 2024

Genossenschaftsbanken stehen vor dem Problem der “Marktflucht”, bei der Mitarbeitende aus dem Vertrieb in interne Abteilungen wechseln möchten. Hauptursachen sind der immense Vertriebsdruck, komplexe Aufgaben und fehlende Flexibilität im Arbeitsmodell. Zudem bieten interne Abteilungen häufig attraktivere Vergütungsstrukturen und weniger Stress. Um dem entgegenzuwirken, sollten Banken ihre Unternehmenskultur verbessern, flexiblere Arbeitsbedingungen schaffen und die Karriereentwicklung im Vertrieb fördern.

Die Ursachen der Marktflucht

Genossenschaftsbanken sehen sich zunehmend mit dem Phänomen der Marktflucht konfrontiert. Marktflucht beschreibt die Tendenz, dass Mitarbeitende aus dem Vertrieb, dem Markt, in die internen Abteilungen der Bank wechseln wollen. Interne Stellenausschreibungen erfahren eine hohe Bewerbungsquote und auf Stellen im Markt bewerben sich nur wenige Personen.

Ein zentraler Faktor ist der immense Vertriebsdruck und Stress, dem sich viele Mitarbeitenden ausgesetzt fühlen. Der Vertrieb in Genossenschaftsbanken ist von anspruchsvollen Marktbedingungen geprägt, was zu physischem und psychischem Stress führen kann. Dieser ständige Druck kann die Motivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden erheblich beeinträchtigen.

Ein weiterer Grund für die Marktflucht ist die hohe Menge und Komplexität der Aufgaben. Von der Bedienung des GAAs (Geldausgabeautomat) über die Wertpapieranlage bis hin zur Immobilienfinanzierung, alles ist dabei. Mitarbeitende müssen über Fachwissen sowie umfassende Produktkenntnisse verfügen und auch regulatorische Anforderungen sowie individuelle Kundenbedürfnisse berücksichtigen. Diese Vielschichtigkeit und Komplexität können überfordern und dazu führen, dass Mitarbeitende in interne Positionen wechseln wollen.

Ferner fehlt es in vielen Genossenschaftsbanken an flexiblen Arbeitsmodellen für den Markt. Hierunter fallen unter anderem unterschiedliche Home-Office-Regelungen. Während interne Abteilungen häufig genau diese Vorteile für sich entdeckt haben, hinkt der Markt hinterher. Diese fehlende Flexibilität kann insbesondere bei Mitarbeitenden, die Flexibilität wünschen, zur Unzufriedenheit führen.

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Marktflucht ist die oft bessere Vergütung in den internen Abteilungen der Banken. Viele Mitarbeitende im Markt empfinden ihre Gehälter als nicht angemessen im Vergleich zu dem hohen Druck und den komplexen Aufgaben, die sie täglich bewältigen müssen. Interne Abteilungen bieten häufig attraktivere Gehaltsstrukturen und eine höhere Fokussierung auf bestimmte Aufgabenbereiche, die im Markt fehlen. Dies verstärkt den Anreiz, in die internen Abteilungen zu wechseln, wo die Mitarbeitenden nicht nur weniger Stress haben, sondern auch finanziell bessergestellt sind.

Eine Kultur der Unterstützung und Wertschätzung

Um der Marktflucht entgegenzuwirken, können Genossenschaftsbanken ihre Kultur gezielt weiterentwickeln. Eine starke und unterstützende Kultur kann die Zufriedenheit, Loyalität und Verbundenheit der Mitarbeitenden zum Markt erhöhen. Dies kann unter anderem gelingen, wenn Genossenschaftsbanken das genossenschaftliche Prinzip spürbar gestalten. Eine Kultur, geprägt durch das genossenschaftliche Prinzip, schafft genau diese Verbundenheit.

Die Förderung von Flexibilität ist ein weiterer wichtiger Aspekt – auch im Markt. Durch die Einführung flexibler Arbeitsmodelle, einschließlich Home-Office-Möglichkeiten, kann die Verbundenheit der Mitarbeitenden zum Markt ebenfalls gesteigert werden. An dieser Stelle ein persönlicher Einschub: Es ist klar, dass Homeoffice im Marktbereich nicht einfach ist. Es ist allerdings nicht unmöglich! Kein Homeoffice anzubieten und deshalb weiter zu akzeptieren, dass viele Mitarbeitende aus dem Markt flüchten wollen, ist auch keine Lösung. Das Motto: „Never change a running system.“, ist an dieser Stelle nicht mehr zeitgemäß. Zumal das System nicht mehr läuft.

Verbesserte Arbeitsbedingungen sind ebenfalls von großer Bedeutung. Die Reduzierung des Drucks und die Schaffung eines unterstützenden Arbeitsumfelds können durch realistische Zielsetzungen, regelmäßige Feedbackgespräche und die Bereitstellung von vertriebsunterstützenden Ressourcen erreicht werden.

Karriereentwicklung und Weiterbildung sollten zudem beachtet werden. Durch die Schaffung klarer Karrierepfade und die Bereitstellung von Weiterbildungsprogrammen können Mitarbeitende im Vertrieb neue Perspektiven und Aufstiegschancen erhalten. Mentoring-Programme, interne Schulungen und externe Fortbildungen tragen dazu bei, die berufliche Entwicklung zu fördern. Ferner sollte der Austausch im Vertrieb untereinander sowie übergreifend gefördert werden.

Schauen wir nun auf die zwischenmenschlichen Beziehungen, welche wir in diesem Blogbeitrag natürlich nur oberflächlich behandeln können. Eine genossenschaftlich geprägte Kultur der Wertschätzung und Anerkennung kann die zwischenmenschlichen Beziehungen der Mitarbeitenden festigen. Reibungen im Flurfunk können darauf hinweisen, dass an den zwischenmenschlichen Beziehungen gearbeitet werden sollte.

Offene Kommunikation ist ein weiterer wesentlicher Faktor. Eine transparente und ehrliche Kommunikation zwischen Vorstand, Führungskräften und Mitarbeitenden schafft Vertrauen und fördert ein Gefühl der Zugehörigkeit. Durch regelmäßige Meetings, Feedbackschleifen und offene Gesprächskanäle können Mitarbeitende ihre Anliegen und Ideen frei äußern, was zu einer stärkeren Identifikation mit dem Markt und der Bank führt. Schließlich ist die Stärkung des Teamgeistes ein wesentlicher Aspekt. Eine kollaborative Arbeitsumgebung und ein starker Teamgeist können dazu beitragen, dass sich die Mitarbeitenden als Teil eines größeren Ganzen fühlen. Teambuilding-Aktivitäten und eine offene Kommunikation fördern ein positives Arbeitsklima.

Durch die Umsetzung gezielter Maßnahmen können Genossenschaftsbanken die Marktflucht wirksam reduzieren. Eine erlebbare Kultur in der Bank ist ein Schlüssel, um die Mitarbeitenden langfristig im Markt zu halten. Die Banken müssen erkennen, dass zufriedene Mitarbeitende produktiver und loyaler sind und dies nicht nur gegenüber der Bank im Allgemeinen, sondern auch gegenüber ihrer Stelle im Markt. Es ist daher essenziell, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der die Mitarbeitenden gerne bleiben und sich weiterentwickeln möchten. Jetzt sagen Sie vielleicht: „Das alles ist doch klar!“ Es bedarf an dieser Stelle natürlich etwas Selbstkritik und Reflexion in Bezug auf den Istzustand der Kultur.

Langfristig profitieren Genossenschaftsbanken von einer Kultur, die sowohl die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden als auch die geschäftlichen Anforderungen berücksichtigt. Nur so kann das Potenzial der Mitarbeitenden voll ausgeschöpft und die Marktflucht effektiv verhindert werden.

Erste Schritte zur Weiterentwicklung der Kultur

Die Weiterentwicklung der genossenschaftlichen Kultur erfordert einen strukturierten Ansatz. Ein erster Schritt wäre eine unternehmensweite Analyse der aktuellen Kulturperspektiven. Dabei sollten sowohl die Stärken als auch die Schwächen der bestehenden Kultur identifiziert werden. Diese Analyse kann durch Umfragen, Fokusgruppen und Interviews mit verschiedenen Gruppen durchgeführt werden.

Auf Basis dieser Analyse folgt die Konzeption sowie Maßnahmenplanung. Hierbei sollten konkrete Ziele formuliert werden, welche im Einklang mit der Gesamtstrategie stehen. Dabei ist es wichtig, dass diese Maßnahmen praxisnah und umsetzbar sind und dass sie die Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigen. Beziehen Sie Ihre Mitarbeitenden bei der Maßnahmenplanung gerne mit ein. Ein weiterer Effekt dieser Einbeziehung ist es, dass diese Mitarbeitenden als Multiplikatoren in der Bank fungieren können.

Die Umsetzung der geplanten Maßnahmen ist der nächste Schritt. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Vorstand, den Führungskräften und den Mitarbeitenden. Es ist essenziell, dass die Führungskräfte als Vorbilder agieren und die Veränderungsprozesse aktiv unterstützen. Schulungen und Workshops können dazu beitragen, die Wichtigkeit der Veränderung zu vermitteln und die Mitarbeitenden auf dem Weg zu begleiten.

Abschließend muss die Evaluation der durchgeführten Maßnahmen erfolgen. Dabei sollten die Ergebnisse regelmäßig überprüft und die Maßnahmen gegebenenfalls angepasst werden. Eine kontinuierliche Evaluation stellt sicher, dass die Kulturentwicklung auf dem richtigen Weg bleibt und die gewünschten Ziele erreicht werden.

Aufgrund der Komplexität von Kulturentwicklungsprojekten ist dieser Artikel keine vollständige Sammlung aller relevanten Fakten. Es gibt viele weitere Aspekte, die zur Reduktion der Marktflucht beitragen können.

Dennis Faulhaber ist Berater aus Leidenschaft. Sein fachlicher Schwerpunkt liegt in der Organisations- und Kulturentwicklung. Er wünscht sich, dass Banken und andere Organisationen den Wert ihrer Kultur erkennen und aktiv nutzen, um das Arbeitsleben der Menschen zufriedener zu gestalten. Privat ist Dennis Faulhaber sehr aktiv bei der DLRG und betreibt liebend gerne Cross Fit.